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  • AutorenbildViktoria Jedlicka

Too little, too late? Österreich bekommt (wahrscheinlich) ein Informationsfreiheitsgesetz

Was für viele der Inbegriff eines „modernen Staates“ ist, ist zum Greifen nahe: die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und ein Grundrecht auf Information. Debatten rund um die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und das Inkrafttreten eines Informationsfreiheitsgesetzes werden schon länger geführt. Vor zwei Wochen konnte die Regierung endlich einen fertigen Entwurf zum geplanten Informationsfreiheitsgesetz, demzufolge Bund, Länder und Gemeinden Anfragen von Bürgerinnen beantworten und ihnen Informationen erteilen müssen, präsentieren. Was sieht das geplante Informationsfreiheitsgesetz konkret für Änderungen vor und welche Hürden stehen diesem noch im Weg?


Hintergrund zum Informationsfreiheitsgesetz

Das Amtsgeheimnis besagt, dass Behörden und Politikerinnen keine Auskunft erteilen dürfen, wenn ihnen Informationen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt geworden sind und die Geheimhaltung aus bestimmten Gründen, wie zB der Gewährleistung öffentlicher Ruhe, Ordnung und Sicherheit, erforderlich ist. Österreich gilt als letzte europäische Demokratie, in der das Amtsgeheimnis noch in der Verfassung steht. Aufgrund der vergangenen politischen Ereignisse, gekennzeichnet durch mangelnde Transparenz und Korruptionsvorwürfe, wurden Rufe nach einer Abschaffung des Amtsgeheimnisses und einem Informationsfreiheitsgesetz, demzufolge es ein Grundrecht auf Information geben solle, lauter.


Grundrecht auf Information

Dem geplanten Informationsfreiheitsgesetz zufolge hat zukünftig jede Bürgerin ein verfassungsgesetzlich gewährtes Recht auf Zugang zu Information. Dies umfasst unter anderem eine proaktive Veröffentlichungspflicht staatlicher Behörden hinsichtlich Informationen, die „von allgemeinem Interesse“ sind. Als Informationen von „allgemeinem Interesse“ werden z. B. Amtsblätter oder Studien und Gutachten angeführt, die proaktiv in einem Informationsregister auf www.data.gv.at veröffentlicht werden sollten. Neben dieser proaktiven Veröffentlichungspflicht besteht auch eine passive Informationspflicht auf konkrete Anfragen der Bürgerinnen. Jede Bürgerin hat das Recht, Auskunft von informationspflichtigen Stellen über bereits verfügende Informationen binnen 4 Wochen zu verlangen. Eine Verlängerung dieser Frist um weitere 4 Woche ist z. B. möglich, wenn die von der Informationserteilung betroffene Person vorher zu hören und dies nicht binnen der vierwöchigen Frist möglich ist. Für den Fall, dass die Auskunft unberechtigterweise nicht erteilt wird, kann jede Bürgerin ihr Recht auf Information vor Verwaltungsgerichten und dem Verfassungsgerichtshof einklagen.


Ausnahmen vom Recht auf Information

Auf den ersten Blick scheint es, als ob nun also alle Informationen veröffentlicht werden müssen und nichts mehr geheim bleibt. Ganz so ist es nicht. Eine Grenze der Informationspflicht besteht dahingehend, dass dieser nicht nachzukommen ist, wenn der Antrag missbräuchlich gestellt wurde. Ein missbräuchlicher Antrag ist laut dem Verwaltungsgerichtshof bei offenkundiger Mutwilligkeit anzunehmen, also wenn ein Auskunftsantrag gestellt wird, obwohl sich die Antragstellerin über die Grundlosigkeit, Aussichtslosigkeit und Zwecklosigkeit des Antrages bewusst ist. Ein weiterer Fall, in dem der Informationspflicht nicht nachzukommen ist, liegt vor, wenn der Antrag „aus Freude an der Behelligung“ gestellt wird, ohne dass ein konkretes Auskunftsinteresse besteht.


Zudem sind Informationen von der Informationspflicht ausgenommen, sofern diese im Interesse der nationalen Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung oder der öffentlichen Ordnung und Sicherheit geheim zu halten sind. Neben diesen Faktoren sind zudem auch grundrechtliche Grenzen zu beachten, wie z.B. das Recht auf Datenschutz.


Teils heftig kritisiert wurde außerdem die Einschränkung der Informationspflicht betreffend Gemeinden und Gemeindeverbände bis zu einer Grenze von 5.000 Einwohnerinnen. Die proaktive Veröffentlichungspflicht gilt unter anderem für sämtliche mit Bundes- und Landesverwaltung betrauten Organe, Gemeinden und Gemeindeverbände bis zu einer Grenze von 5.000 Einwohnerinnen sind davon aufgrund des damit einhergehenden Verwaltungsaufwands aber ausgenommen. Freiwillig können natürlich auch kleine Gemeinden und Gemeindeverbände Informationen veröffentlichen.


So nah und doch so fern

Nach jahrelangem Ringen um die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und die Einführung eines Grundrechts auf Information, hofft man, mit dem Inkrafttreten des neuen Entwurfs des Informationsfreiheitsgesetzes 2025 einen Meilenstein schaffen zu können. Da es sich jedoch mit der Einführung eines Grundrechts auf Information um eine Änderung der Verfassung handelt, die nicht zu einfach ermöglicht werden soll, ist für die Beschlussfassung eine Zweidrittelmehrheit des Nationalrates notwendig. Die Stimmen der Regierungsparteien reichen also nicht aus, weshalb es zumindest die Zustimmung einer der beiden großen Oppositionsparteien, FPÖ oder SPÖ, braucht. Ob und wann die Zweidrittelmehrheit erreicht und somit die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und die Einführung eines Grundrechts auf Information beschlossen wird, bleibt jedoch nach der kritischen Haltung der Opposition abzuwarten.


Kurz gesagt

  • Mit dem neuen Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes soll jede Bürgerin ein verfassungsgesetzlich gewährtes Recht auf Zugang zu Information haben.

  • Ausgenommen von der Informationspflicht sind Informationen, die im Interesse der nationalen Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung oder der öffentlichen Ordnung und Sicherheit geheim zu halten sind, sowie Gemeinden und Gemeindeverbände bis zu einer Grenze von 5.000 Einwohnerinnen.

  • Eine Änderung der Verfassung bedarf einer Zweidrittelmehrheit des Nationalrats.

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