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AutorenbildJasmin Lang

Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss: Ein rechtlicher Rückblick

Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss (U-Ausschuss) ist nun offiziell beendet. Auch der erste Fraktionsbericht der Grünen wurde bereits veröffentlicht. Der U-Ausschuss nahm im Oktober 2022 noch einmal Fahrt auf, da bekannt wurde, dass der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium und spätere ÖBAG-Vorstand Thomas Schmid ein volles Geständnis vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ablegte. Da dieser jedoch im Untersuchungsausschuss die Aussage verweigerte, wurde der Ausschuss um noch einen Monat verlängert. Dies jedoch umsonst, da sich die Fraktionen auf keine Termine einigen konnten.

Wie kam es zum Untersuchungsausschuss?


Das Ibiza-Video hat den Stein ins Rollen gebracht: Am 17. Mai 2019 wurde das Video, das den damaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache mit seinem Parteikollegen Johann Gudenus und einer mutmaßlichen Oligarchin in einer Villa in Ibiza zeigt, veröffentlicht. Die Folge war der Bruch der Regierungskoalition und ein erfolgreicher Misstrauensantrag gegen die Regierung. Durch den im Jänner 2020 eingesetzten Ibiza-Untersuchungsausschuss wurde auch schnell klar: Nicht nur der FPÖ wurde Korruption vorgeworfen, sondern auch der ÖVP.

Aus diesem Grund wurde im Dezember 2021 von der Opposition der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss eingesetzt, der inhaltlich an den Ibiza-U-Ausschuss anknüpfte.


Was ist ein Untersuchungsausschuss?


Der parlamentarische Untersuchungsausschuss ist ein politisches Kontrollinstrument des Parlaments, mit dem gemäß Artikel 53 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Vollziehung des Bundes überprüft werden kann. Auch auf Länderebene können Untersuchungsausschüsse zur Kontrolle der Landesregierungen eingesetzt werden.

Eingesetzt werden kann ein Untersuchungsausschuss schon durch ein Verlangen von einem Viertel der Abgeordneten oder durch Beschluss des Nationalrats (Enqueterechte).


Den Vorsitz im Untersuchungsausschuss führt die Nationalratspräsidentin. Dies hat im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss für Aufregung gesorgt, da der Vorsitzende Wolfgang Sobotka selbst aufgrund von Korruptionsvorwürfen als Auskunftsperson befragt wurde. Unterstützt wird die Vorsitzende von einer Verfahrensrichterin.

Eine Verfahrensanwältin wird zur Wahrung der Grund- und Persönlichkeitsrechte der Auskunftspersonen bestellt. Zudem dürfen diese sich von einer Vertrauensperson, meist einer Anwältin, begleiten lassen.

Zur Aktenvorlage und Beweiserhebung sind alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Kammern verpflichtet. Kommen diese dem Verlangen nicht nach, entscheidet der Verfassungsgerichtshof (VfGH) über Meinungsverschiedenheiten. Im schlimmsten Fall kann die Bundespräsidentin ein solches VfGH-Erkenntnis exekutieren. Im Ibiza-Untersuchungsausschuss beantragte der VfGH etwa die Exekution bezüglich Akten aus dem damals von Gernot Blümel geführten Finanzministerium - so etwas passiert allerdings sehr selten.

Im Untersuchungsausschuss herrscht Wahrheitspflicht für die Auskunftspersonen. Bei einer Falschaussage droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren (§ 288 Absatz 1 und 3 Strafgesetzbuch). Auch bei einer ungerechtfertigten Aussageverweigerung kann das Bundesverwaltungsgericht eine Geldstrafe verhängen - dies war bei der Befragung Thomas Schmids der Fall, der keine einzige Frage im Untersuchungsausschuss beantwortete. Auch bei unentschuldigtem Nichterscheinen droht eine Strafe bis zu 5.000€, bei wiederholtem Nichterscheinen bis zu 10.000€. Der Untersuchungsausschuss kann Auskunftsperson auch durch die Sicherheitsbehörden vorführen lassen.


Der Untersuchungsausschuss ist vertraulich. Das bedeutet, dass Ton- und Bildübertragungen nicht erlaubt sind. Grundsätzlich ist er aber medienöffentlich, d.h. Medienvertreterinnen dürfen den Sitzungen beiwohnen und dazu berichten. Im Anschluss werden auch Protokolle der Sitzungen veröffentlicht. Eine Live-Übertragung des Untersuchungsausschusses wird von allen Parteien, mit Ausnahme der ÖVP, immer wieder gefordert. Grund dafür sind vor allem angebliche Verzögerungstaktiken durch ausufernder Geschäftordnungsdebatten, die oftmals mehr als die Hälfte der Befragungsdauer in Anspruch nahmen.

Was behandelt der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss?


Der Untersuchungsausschuss drehte sich - wie der Name schon sagt - um die “Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder”, nämlich um “das Gewähren von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes im Zeitraum von 18. Dezember 2017 bis 11. Oktober 2021 sowie diesbezügliche Vorbereitungshandlungen auf Grundlage und ab Beginn des ‘Projekts Ballhausplatz’”.

Inhaltlich wurde der Untersuchungsausschuss wiederum in 4 Beweisthemen gliedert:

  1. die Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren

    • Inseratenaffäre und Beinschab-Tool

    • Auftragsvergabe an ÖVP-nahe Unternehmen (z.B. Campaigning Bureau, Media Contacta, Demox)

    • Interventionen aus dem Finanzministerium auf Steuerverfahren (z.B. René Benko, Sigi Wolf, Fürst von Liechtenstein)

  2. die Einflussnahme auf Beteiligungen des Bundes

    • Einflussnahme auf ÖBAG (Privatisierungen, Staatsfonds)

  3. die Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit

    • v.a. das System Pilnacek im Justizministerium

  4. die Begünstigung bei der Personalauswahl

    • Postenschacher, z.B. Thomas Schmid, Bernhard Perner, Eva Marek

Rechtliche Verantwortung


Im Untersuchungsausschuss kann nur der politischen Verantwortung nachgegangen werden. In weiterer Folge gibt es jedoch auch gerichtliche Untersuchungen, bei denen die strafrechtliche Verantwortung geklärt werden soll. Die WKStA ermittelte nun unter anderem gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz wegen mutmaßlicher Falschaussage im Untersuchungsausschuss. Im Raum steht der Verdacht auf Amtsmissbrauch, Untreue, falsche Beweisaussage, Verletzung des Amtsgeheimnisses, Bestechung und Bestechlichkeit.


Kurz gesagt:

  • Ein Untersuchungsausschuss ist ein politisches Kontrollinstrument des Parlaments, das auf Verlangen von einem Viertel der Parlamentarierinnen eingesetzt werden kann.


  • Der Untersuchungsausschuss kann lediglich zur Aufklärung beitragen und zu politischer Verantwortung (Rücktritte, etc.) führen.


  • Im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss konnten einige politische Verfehlungen aufgedeckt bzw. aufgeklärt werden. Im Anschluss an den ÖVP-Untersuchungsausschuss ermittelt die WKStA weiterhin gegen einige Personen, die im Untersuchungsausschuss eine Rolle gespielt haben.


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Unsere Gastautorin Jasmin Lang ist Studentin der Rechtswissenschaften und der Internationalen Beziehungen (Master). Sie setzt sich dabei insbesondere im Bereich der Menschenrechte und des Klimaschutzes ein. Das überzuckert-Team freut sich sehr, dass sie ihre Expertise als Untersuchungsausschuss-Referentin in einen informativen Beitrag gegossen hat.


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