top of page
  • AutorenbildSilke Schusser

Vom Iran bis in die USA: Eine traurige Bilanz zur Todesstrafe

Die jüngst vollstreckten Todesurteile im Iran zeigen, dass die Todesstrafe in einigen Ländern immer noch nicht der Vergangenheit angehört. Bei den Hingerichteten handelte es sich um junge Erwachsene, einige von ihnen waren zum Zeitpunkt ihrer Hinrichtung gerade erst 23 Jahre alt. Die Hinrichtungen erfolgten jeweils im Geheimen, eine vorherige Benachrichtigung der Rechtsbeistände und Familien fand nicht statt.

Laut Zahlen der internationalen Menschenrechtsorganisation Amnesty International werden jedes Jahr weltweit Tausende von Menschen hingerichtet, eine noch größere Anzahl von Menschen sind dabei von einer Hinrichtung bedroht.


Was passiert gerade im Iran?

Seit Herbst 2022 kommt es im Iran zu Protesten gegen das Mullah-Regime. Entzündet hatten sich diese Proteste durch den Tod von Mahsa Amini, einer 22-jährigen Iranerin, welche Mitte September in Polizeigewahrsam starb. Festgenommen wurde sie von der Sittenpolizei, weil sie ihr Kopftuch nicht ordnungsgemäß getragen haben soll. Die darauffolgenden Proteste breiten sich wie ein Lauffeuer durch das Land aus. Auch über die Ländergrenzen hinaus gewannen die Proteste an medialer Aufmerksamkeit, der Hashtag #Mahsa_Amini wurde über eine Million Mal geteilt, im Internet kursieren Videos von Frauen, welche sich im Zuge der Proteste die Haare abschneiden. (Zu den Protesten im Iran hat unser überzuckert-Mitglied Viktoria bereits im vergangenen September einen Beitrag verfasst.)


Dabei geht das Regime mit großer Härte gegen die Proteste vor: Es kommt zu gewaltsamen Angriffen der Polizei und des Militärs, Menschenrechtsorganisationen meldeten im November 2022 mehr als 300 getötete Demonstrantinnen, darunter unzählige Minderjährige. Mehrere tausend Demonstrantinnen wurden bisher verhaftet und dabei bereits unzählige Anklagen erhoben. Um die Proteste zu ersticken, kommt es auch vermehrt zur Entführung von Jugendlichen.


Die verhafteten Demonstrantinnen werden aufgrund von „Feindschaft zu Gott“ (moharebeh), „Verdorbenheit auf Erden“ (ifsad fil-arz) sowie „bewaffnete Rebellion gegen den Staat“ (baghi) angeklagt und im Zuge von Schauprozessen zum Tode verurteilt. Nach Angaben von Amnesty International wird den Angeklagten medizinische Behandlung in Haft sowie auch der notwendige Rechtsbeistand verwehrt, Geständnisse werden unter Folter erlangt. Die Todesstrafen werden im Iran durch Erhängen vollstreckt.


Wie steht es international um die Todesstrafe?

Die USA rücken aufgrund ihres Festhaltens an der Todesstrafe immer wieder international in den Mittelpunkt. Im Jahr 2022 wurde die Todesstrafe noch in 6 Bundesstaaten vollstreckt, dabei handelte es sich um Alabama, Arizona, Mississippi, Missouri, Oklahoma und Texas. In mehreren Bundesstaaten ist die Todesstrafe zwar nicht formell abgeschafft, wird aber nicht mehr vollstreckt. Zuletzt hatte der Bundesstaat Virginia im März 2021 die Todesstrafe verboten.


Laut Angaben und Schätzungen von Amnesty International werden in China die meisten Hinrichtungen weltweit vollzogen. Offizielle Daten sind jedoch nicht verfügbar, da die Statistiken von der chinesischen Regierung nicht veröffentlicht werden. Ähnlich wie mit China verhält es sich mit mehreren Ländern, so beispielsweise Nordkorea und Vietnam, wodurch eine umfassende globale Betrachtung unmöglich ist. Hinsichtlich der öffentlich bekannten Hinrichtungen waren 2021 der Iran, Ägypten sowie Saudi-Arabien für einen Großteil der vollstreckten Todesstrafen verantwortlich.


Die Abschaffung der Todesstrafe in Europa

In Europa gab die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) einen wichtigen Anstoß in puncto Abschaffung der Todesstrafe. Obwohl zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens 1953 kein Verbot des Vollzugs der Todesstrafe in der EMRK vorgesehen war, erfolgte deren Abschaffung im Rahmen der Weiterentwicklung der Konvention schrittweise.


Zunächst wurde die Todesstrafe durch das 6. Zusatzprotokoll zur Konvention in den 1980ern verboten. Darin vorgesehen war die Abschaffung der Todesstrafe in Friedenszeiten, in Kriegszeiten und Zeiten unmittelbarer Kriegsbedrohung war die Todesstrafe allerdings noch erlaubt.


Im Jahre 2003 trat das 13. Zusatzprotokoll in Kraft, welches den Einsatz der Todesstrafe unter allen Umständen –auch im Rahmen der Kriegsgerichtsbarkeit – versagte. Dabei wurde das Protokoll von fast allen Mitgliedsstaaten des Europarates – nur nicht von Armenien, Aserbaidschan und Russland – gezeichnet und ratifiziert. Nach heutigem Stand handelt es sich bei Weißrussland um das einzige Land innerhalb Europas, welches noch offiziell die Todesstrafe vollstreckt.


Todesstrafe in Österreich?

In Österreich wurde die letzte Todesstrafe am 24. März 1950 vollstreckt. Erstmals wurden zur Zeit Kaiser Josephs des II. Schritte gesetzt, die Todesstrafe in Österreich abzuschaffen, jedoch kam es im Laufe der Monarchie immer wieder zu Rückfällen und Wiedereinführungen. Nach Zerfall der Monarchie wurde die Todesstrafe im ordentlichen Verfahren erneut abgeschafft und dies in Artikel 85 der Bundesverfassung (B-VG) verankert. Bestehen blieb sie jedoch weiterhin im Rahmen des Standrechts in Krisenzeiten, wodurch ermöglicht wurde, nach einem vereinfachten Strafverfahren vor einem (Militär-)Gericht Todesurteile zu verhängen und zu vollstrecken. Die Regierung Dollfuß machte 1933 von dieser Ausnahme Gebrauch, was folgten waren über 40 Hinrichtungen in der Zeit zwischen 1933 und 1938. Die Zeit des Nationalsozialismus hinterließ auch in diesem Zusammenhang eine blutige Spur, nach Aufzeichnungen im „Hinrichtungsbuch“ kam es in dieser Zeit zu 1.184 Hinrichtungen.


Nach 1945 wurde die Todesstrafe noch befristet zugelassen. Begründet wurde dies mit der Notwendigkeit der Todesstrafe, um den außerordentlichen Verhältnissen nach Kriegsende zu begegnen. So wurden auch nach dem Zweiten Weltkrieg Hinrichtungen durch Volksgerichte, welche für die Bestrafung bestimmter in der NS-Zeit begangener Verbrechen zuständig waren, angeordnet.

Im Jahr 1950 wurde die Todesstrafe für das ordentliche Verfahren mit der lebenslangen Freiheitsstrafe ersetzt, 1968 folgte die Abschaffung auch für das standgerichtliche Verfahren.Als Rechtsgrundlage für das Verbot der Todesstrafe dienen sowohl das 6. als auch 13. Zusatzprotokoll der EMRK sowie auch Artikel 85 B-VG welcher lautet: „Die Todesstrafe ist abgeschafft”.



Kurz gesagt


  • Im Iran, eines der – noch vielen – Ländern weltweit, welche die Todesstrafe vollstrecken, kommt es gegenwärtig zu Hinrichtungen junger Erwachsener, welche im Zusammenhang mit den regierungskritischen Protesten verhaftet und in Scheinprozessen zu Tode verurteilt wurden. Der Iran ist dabei unter den öffentlich bekannten Zahlen das Land, in welchem ein Großteil der Todesstrafen weltweit vollstreckt werden.

  • In Europa ist die Todesstrafe seit Inkrafttreten des 13. Zusatzprotokolls zur EMRK ausnahmslos verboten. Dabei ist Weißrussland innerhalb Europas das einzige Land, welches noch offiziell die Todesstrafe vollzieht.

  • In Österreich wurde die letzte Hinrichtung 1950 durchgeführt, seit 1968 ist die Todesstrafe in Österreich in allen Verfahren verboten.

bottom of page