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  • AutorenbildNikolaus Handig

Nationaler Klimaplan und EU-Klimaschutz-recht: Was dahinter steckt

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler hat kürzlich den Entwurf für ein Update des integrierten nationalen Energie- und Klimaplans für Österreich vorgestellt. Hinter dem sperrigen Begriff steht ein wichtiges Instrument des EU-Klimaschutzrechts. Ein idealer Anlass, um dieses näher unter die Lupe zu nehmen und Schlagworte wie „Fit for 55“, „Emissionshandel“ oder „Europäisches Klimagesetz“ zu erklären. Das Klimaschutzrecht der EU ist eine durchaus komplizierte Angelegenheit. Im Grunde gibt es drei zentrale Ziele, die dabei verfolgt werden:

  1. Die Reduktion von Treibhausgasemissionen,

  2. der Ausbau erneuerbarer Energien und

  3. die Steigerung der Energieeffizienz.

In den jeweiligen Bereichen versucht die EU, durch Rechtsakte – auf Unionsebene sind das nicht „Gesetze“, sondern Richtlinien und Verordnungen – Fortschritte zu machen. Über allem thront das sogenannte Europäische Klimagesetz, das genau genommen eine Verordnung ist, aber von der EU als „Gesetz“ bezeichnet wird, um seine Bedeutung zu unterstreichen. Dieses „Gesetz“ wurde im Jahr 2021 erlassen und steckt das Ziel, bis zum Jahr 2050 die Klimaneutralität in der EU zu verwirklichen: Der Ausstoß von CO2 und anderen Treibhausgasen muss sich mit deren Abbau (z. B. mittels Photosynthese von Pflanzen) die Waage halten.


Außerdem ist im Europäische Klimagesetz (das im Langtitel „Verordnung zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität“ heißt) ein sogenanntes Klimazwischenziel festgelegt: Bis zum Jahr 2030 sollen Netto-Treibhausgasemissionen innerhalb der EU um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 sinken. Die entsprechenden Vorschläge zur Erlassung und Änderung von Rechtsakten, die diesem Zwischenziel dienen, werden daher als „Fit for 55“-Paket bezeichnet.


Die Reduktion der Treibhausgasemissionen wird im Wesentlichen durch drei Rechtsakte gelenkt, nämlich:

  1. die Emissionshandels-Richtlinie,

  2. die sogenannte LULUCF-Verordnung und

  3. die Lastenteilungsverordnung.

Aber der Reihe nach: Die Emissionshandels-Richtlinie gilt für bestimmte Tätigkeiten, die für eine Menge an Treibhausgasen verantwortlich sind. Darunter fallen insbesondere industrielle Tätigkeiten, wie etwa die Herstellung von Stahl oder Zement, aber auch der innereuropäische Luftverkehr. Alle diese Tätigkeiten benötigen Berechtigungen (Emissionszertifikate genannt), um Emissionen auszustoßen. Ein Emissionszertifikat vermittelt das Recht, eine Tonne CO2 auszustoßen.


Emissionszertifikate werden zwar teilweise kostenlos vergeben, kosten aber in der Regel Geld. Gleichzeitig gibt es eine Gesamtobergrenze an Emissionsberechtigungen, die im Voraus festgelegt ist. Mit der Zeit wird die Anzahl an Berechtigungen verringert, was ihren Preis steigert. Dadurch sollen Unternehmen dazu motiviert werden, ihre Emissionen zu vermindern, um weniger zahlen zu müssen. Durch dieses System des Emissionshandels versucht die EU, Klimaschutz durch Marktwirtschaft zu betreiben.


Einen anderen Ansatz verfolgt die LULUCF-Verordnung. Sie bezieht sich auf den Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft. Von dessen englischer Bezeichnung kommt auch ihr Name – ein Akronym für „land use, land-use change and forestry“. Ziel dieses Rechtsakts ist es unter anderem, Wälder zu erhalten, weil diese CO2 speichern und damit als sogenannte Treibhausgassenken dienen.


Die Lastenteilungs-Verordnung schließlich widmet sich im Wesentlichen jenen Bereichen, die nicht vom Emissionshandelssystem oder der LULUCF-Verordnung erfasst sind. Für diese Sektoren verteilt die Verordnung jene „Lasten“, die von den einzelnen Mitgliedstaaten der EU bei der Treibhausgasreduktion zu tragen sind. Für jeden Mitgliedstaat ist ein bestimmtes Reduktionziel bis zum Jahr 2030 vorgesehen: Österreich muss seine Emissionen um 48 % verringern, Deutschland gar um 50 %, Bulgarien muss nur ein Minus von 10 % stemmen. Diese Reduktionsziele beziehen sich im Gegensatz zum Klimazwischenziel der 55 %-Treibhausgas-Reduktion nicht auf das Jahr 1990, sondern 2005. Wie die Mitgliedstaaten die Treibhausgas-Reduktionsziele erreichen, bleibt weitgehend ihnen überlassen.


Um die Erreichung der unterschiedlichen Klimaziele zu überwachen, gibt es die sogenannte Governance-Verordnung (der letzte Rechtsakt, der hier vorgestellt wird – versprochen!). Sie sieht verschiedene Berichts- und Prüfpflichten vor. Zum Beispiel Langfrist-Strategien mit einer Perspektive von mindestens 30 Jahren. Und eben auch integrierte nationale Energie- und Klimapläne („NEKP“ abgekürzt).


Einen solchen NEKP hatte jeder Mitgliedstaat schon bis zum 31. Dezember 2019 zu übermitteln. Die Pläne beziehen sich jeweils auf einen Zeitraum von zehn Jahren und sollen ein umfassendes Bild der Ziele und Maßnahmen der nationalen Klima- und Energiepolitik vermitteln. Für 2024 ist ein Update der NEKP vorgesehen. Und den entsprechenden Entwurf dafür hat Klimaschutzministerin Leonore Gewessler nun eben präsentiert.


Kurz gesagt:

  • Das EU-Klimaschutzrecht verfolgt drei zentrale Ziele: die Reduktion von Treibhausgasemissionen, den Ausbau erneuerbarer Energien und die Steigerung der Energieeffizienz.

  • Das sogenannte Europäische Klimagesetz steckt das Ziel, dass bis zum Jahr 2050 in der EU die Klimaneutralität verwirklicht wird, sowie das Klimazwischenziel, bis zum Jahr 2030 die Netto-Treibhausgasemissionen innerhalb der EU um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 zu senken.

  • Jeder Mitgliedstaat der EU hat einen integrierten nationale Energie- und Klimaplan („NEKP“), der sich jeweils auf einen Zeitraum von zehn Jahren bezieht und ein umfassendes Bild der Ziele und Maßnahmen der nationalen Klima- und Energiepolitik vermitteln soll.

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