Benjamin Weber
Medien, Medienförderung und Medienförderungs-Transparenz
Wer in den letzten Tagen die Medien verfolgt hat, konnte viel zu einem Thema lesen, hören und sehen: Medien. Das „Medienpaket“ der Bundesregierung wurde teilweise heute im Nationalrat beschlossen. Zusätzlich präsentierten Medienministerin Raab und die Klubchefin der Grünen, Sigrid Maurer, gestern den Entwurf des neuen ORF-Gesetzes. Sowohl das Medienpaket als auch das ORF-Gesetz wurden und werden heftig diskutiert. Der Ministerialentwurf des neuen ORF-Gesetzes ist bisher nicht zugänglich. Daher widmen wir uns hier dem Medienpaket.
Als „Medienpaket“ werden drei Gesetze bezeichnet, die sich bereits mehr oder weniger im Regierungsprogramm finden.
Wiener Zeitung [bitte aufklappen]
Die Wiener Zeitung ist die älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt. Sie steht im Alleineigentum der Republik Österreich, die Anteilsrechte werden von der Bundeskanzlerin verwaltet. Die Wiener Zeitung besteht aus einem redaktionellen Teil sowie dem Amtsblatt zur Wiener Zeitung
Was ist das Amtsblatt? Viele Gesetze bestimmen, dass gewisse Informationen öffentlich zu machen sind (etwa öffentliche Stellenausschreibungen oder Einladungen zu Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften). Diese Informationen sind bisher kostenpflichtig (auch) in Papierform im Amtsblatt zur Wiener Zeitung zu veröffentlichen. Wegen der Entbürokratisierung und Modernisierung der Verwaltung sowie der Entlastung der Unternehmen sollte sich das ändern. Das Parlament hat daher heute beschlossen, dass diese Informationen in Zukunft kostenlos auf einer von der Wiener Zeitung zu betreibenden Online-Plattform veröffentlicht und eingesehen werden können.
Der Entfall der Erlöse durch die kostenpflichtige Veröffentlichung im Amtsblatt wird voraussichtlich zu großen Umsatzverlusten bei der Wiener Zeitung führen. 2022 haben die Erlöse aus kostenpflichtigen Veröffentlichungen mehr als 20,5 Millionen Euro betragen.
Daher soll die Wiener Zeitung nun als „neues Geschäftsmodell“ unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen. Dazu gehören laut § 2 des Gesetzestextes …
- die Herausgabe der Wiener Zeitung: Diese soll allerdings primär als Online-Medium weiterbestehen und nur zeitweise als Print-Ausgabe veröffentlicht werden;
- der Betrieb der neuen Online-Plattform;
- die Einrichtung der „Content-Agentur Austria“: Diese soll Informationen im öffentlichen Interesse aufbereiten und Medienprodukte erstellen und für diese Aufgaben Ansprechpartner des Bundes sein;
- die Einrichtung des „Media Hub Austria“: Der Media Hub Austria soll durch unabhängige Praxisprogramme Journalistinnen auf zukünftige Herausforderungen vorbereiten, Praxisplätze bei der Wiener Zeitung und Kooperationspartnerinnen anbieten, Gründerinnen im Medienbereich fördern und Medienwissen an Bürgerinnen vermitteln. Für die Wahrnehmung dieser Aufgabe erhält die Wiener Zeitung zukünftig 6 Millionen Euro jährlich.
Die Einrichtung des Media Hub Austria wird besonders heftig kritisiert. Dabei ist zu beachten, dass die Anteile der Wiener Zeitung von der Bundeskanzlerin verwaltet werden. Der Presseclub Concordia, eine Journalistinnenvereinigung, erklärte etwa in einer Stellungnahme, es für „inhaltlich falsch und langfristig fatal“ zu halten, „mitten in der aktuellen Debatte über Medien-Korruption den sensiblen Bereich der Journalismus- und Medienbildung zu einer staatlichen Blackbox umzubauen.“ Die Mediengruppe Wiener Zeitung erklärte als Antwort auf einen Standard-Artikel in einer Presseaussendung: „Faktum ist: Dieses Praxisprogramm ist unabhängig, keinem politischen Einfluss ausgesetzt und leistet vielmehr einen Beitrag zur kritischen Auseinandersetzung mit Inhalten. Uns geht es damit auch um die Qualitätssicherung unseres Medienstandortes.“
Die Finanzierung dieser Aufgaben erfolgt durch Beiträge, die die Republik Österreich leistet. Das Gesetz tritt mit 1. Juli 2023 in Kraft.
Medienförderung [bitte aufklappen]
Mit dem „Qualitäts-Journalismus-Förderungs-Gesetz“ sollen Medien gefördert werden. Dafür stehen insgesamt 20 Millionen Euro zur Verfügung. Die Republik Österreich hat Medien auch bisher durch die Verteilung von (Geld-)Mitteln gefördert. Zeitungen können zum Beispiel um folgende Förderungen ansuchen:
- Auf Grundlage des Presseförderungsgesetzes werden Tages- und Wochenzeitungen gefördert, die eine gewisse Bedeutung und Größe haben. Tageszeitungen müssen etwa eine Auflage von mindestens 6.000 Stück haben. 2022 wurde eine Förderung von mehr als 8,5 Millionen Euro verteilt. Zweck des Presseförderungsgesetzes ist es, die Vielfalt der Presse in Österreich zu fördern.
- Auf Grundlage des Publizistikförderungsgesetzes werden Zeitschriften gefördert. 2022 stand eine Förderung von 340.000 Euro zur Verfügung. Zweck der Förderung ist die Erhaltung der Zeitschriftenvielfalt.
- Der Fonds zur Förderung der digitalen Transformation richtet sich auf die Förderung des Auf- und Ausbaus des digitalen Angebots in der Medienlandschaft von privaten Medienunternehmen. Das sind zum Beispiel Zeitungen von nicht bloß lokaler Bedeutung. Insgesamt stehen 20 Millionen Euro zur Verfügung.
Mit dem neuen „Qualitäts-Journalismus-Förderungs-Gesetz“ sollen weitere 20 Millionen Euro verteilt werden. Das Förderziel lautet wie folgt:
„Zur Förderung der Vielfalt textbasierter Nachrichtenmedien als Grundlage für den öffentlichen Diskurs und die Meinungsvielfalt sowie insbesondere der von professionellen Journalistinnen und Journalisten in Verfolgung anerkannter journalistischer Grundsätze und der gebotenen Sorgfalt hinsichtlich Faktizität und Quellenherkunft in Redaktionen geschaffenen Inhalte unterstützt der Bund durch finanzielle Zuwendungen im Besonderen Medieninhaber von Medien im Print- und Online-Bereich, die auf das österreichische Publikum ausgerichtet sind.“
Die Förderung richtet sich auf Medien, welche Information und Meinungsbildung über die Bereiche Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur, Ethik, Wissenschaft und Forschung sowie Sport aufbereiten. Medieninhaber, die etwa zu Gewalt oder dem gewaltsamen Kampf gegen die Demokratie aufgerufen haben, sind für drei Jahren ausgeschlossen. Der Presseclub Concordia kritisiert unter anderem, dass Qualitätskriterien fehlen, hohe quantitative Anforderungen für Online-Medien bestehen und dass die Förderung für den Presserat, die freiwillige Selbstkontrolleinrichtung der Medien, nicht angepasst wurde.
Da die EU-Kommission noch zu dem Entwurf Stellung nehmen kann, wurde im Nationalrat noch nicht über den Gesetzesentwurf entschieden. Das wird erst in zwei Monaten geschehen.
Transparenz bei Inseraten und Medienförderung [bitte aufklappen]
In den letzten Jahren gab es mehrere „Inseratenaffären“. Dazu gehören vor allem die derzeitigen Ermittlungen rund um das Finanzministerium und Thomas Schmid. Auch in Vorarlberg und Niederösterreich wurden Vorwürfe öffentlich.
Meist wird vorgeworfen, dass durch die Schaltung von Inseraten Einfluss auf die unabhängig scheinenden Medien genommen wird. Daher müssen öffentliche Stellen seit 2012 Kooperationen, Werbeaufträge (zum Beispiel Inserate) und Förderungen an Medieninhaberinnen melden. Die Meldungen sind frei zugänglich und werden etwa auch von Studierenden der FH Joanneum aufbereitet. Die Verpflichtung zur Meldung ist im BVG Medienkooperation und Medienförderung und im Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetz geregelt.
Diese beiden Gesetze wurden nun geändert. Öffentliche Stellen müssen umfangreichere Meldungen machen. Obwohl von vielen gefordert, wurde eine Obergrenze für Inserate nicht eingeführt.
Das BVG Medienkooperation und Medienförderung ist ein Verfassungsgesetz. Dessen Änderung hat daher eine 2/3 Mehrheit im Nationalrat benötigt. Diese wurde durch die Stimmen der SPÖ erreicht. Um sich die Stimmen zu sichern, wurde von den Regierungsparteien zusätzlich einem Abänderungsantrag zugestimmt. Dieser sieht vor, dass die Schaltung von Inseraten bei Medien untersagt ist, die keine Förderung erhalten haben, weil sie etwa zu Gewalt aufgerufen haben.
Rolle von Medien
Medien spielen eine wesentliche Rolle in der Demokratie, indem sie über wichtige Themen berichten, verschiedenen Meinungen Gehör verschaffen und die Ausübung von Macht kontrollieren. Vor diesem Hintergrund sollte das Verhältnis zwischen Politik und Medien genau beobachtet werden. Und der Staat für eine pluralistische Medienordnung sorgen.
Kurz gesagt:
Das Medienpaket besteht aus drei Gesetzesentwürfen: 1. zur Wiener Zeitung, 2. zur Medienförderung und 3. zur Transparenz.
Meldungen öffentlicher Stellen sind frei zugänglich und werden etwa auch von Studierenden der FH Joanneum aufbereitet. Jeder kann sich daher einen Überblick verschaffen.
Medien spielen eine wesentliche Rolle in der Demokratie, indem sie über wichtige Themen berichten, verschiedenen Meinungen Gehör verschaffen und die Ausübung von Macht kontrollieren.