Keine Kängurus – aber Einreise ohne Probleme? Wenn Djokovic nach Österreich einreisen würde
Am 5. Jänner reiste der offenbar ungeimpfte Tennisstar Novak Djokovic nach Melbourne, um an einem der größten Tennistuniere der Welt teilzunehmen, den Australian Open. Am Flughafen in Melbourne wurde Djokovic die Einreise verwehrt und sein Visum durch Grenzbeamte annulliert – aus Gründen der öffentlichen Gesundheit. Was ist da nun genau passiert in Australien? Und wäre es bei Austrian statt Australian Open anders gelaufen? Anders gefragt: Wie wäre Djokovics Lage in Österreich?
Kürzliche Infektion als medizinischer Ausnahmegrund
Für die Einreise nach Australien wird grundsätzlich eine vollständige Impfung vorausgesetzt. Ausgenommen sind nur Personen, die aufgrund medizinischer Gründe nicht geimpft werden können, bei denen also die Impfung kontraindiziert ist.
Nach dem Vorbringen von Novak Djokovics Anwälten sei er am 16. Dezember positiv auf Corona getestet worden. Dass er eine Infektion durchgemacht habe, sei eine medizinische Kontraindikation, die eine Impfung verhindere. Dass die kürzliche Infektion tatsächlich ein ausreichender medizinischer Grund sei um nicht geimpft werden zu können, sei von einem Arzt, einem Professor und unabhängigen Expertengremien bestätigt worden. Nach Ansicht seiner Anwälte sei auch nach den Leitlinien der australischen Impfkommission eine Infektion in den letzten sechs Monaten als Kontraindikation anzusehen.
Die Anwälte der australischen Regierung widersprachen. Nach deren Vorbringen hätte sich Djokovic bereits von der Infektion erholt – ein medizinischer Grund, der einer Impfung entgegenstehen würde, liege daher nicht vor. Außerdem sei in den Leitlinien nur von einer Aufschiebung („deferral“) der Impfung aufgrund einer Infektion die Rede. Eine Infektion sei keine Kontraindikation.
Prozedurale Fehler führen zur Aufhebung der Annullierung des Visums
Die Anwälte von Djokovic argumentierten auch, dass ihn die Grenzbeamten zu früh aufgefordert hätten, zur Annullierung seines Visums Stellung zu nehmen – zwei Stunden vor der ihm zuvor gegebenen Frist (um 6:14 Uhr statt 8:30 Uhr). Hätte er mehr Zeit gehabt, hätte er mit seinen Anwälten weitere Argumente vorlegen können. Die Anwälte der australischen Regierung widersprachen auch hier: Mehr Zeit hätte nichts an der Entscheidung der Grenzbeamten geändert.
Am Montag entschied ein Gericht zugunsten des Tennisstars. Die Aufhebung des Visums durch die Grenzbeamten war unverhältnismäßig, da Djokovic, hätte er mehr Zeit gehabt, weitere Argumente vorbringen hätte können.
Neue Vorwürfe und die Entscheidung des Einwanderungsministers
Nicht Gegenstand der Entscheidung waren die seit Montag aufgekommenen Vorwürfe, von denen Djokovic bereits zwei bestätigt hat: In dem Einreisedokument wurden falsche Angaben über seinen Aufenthaltsort in den letzten 14 Tagen vor der Einreise gemacht. Außerdem hat er einen Interviewtermin wahrgenommen, und dabei die Maske abgenommen, obwohl er bereits von seinem positiven Test wusste. Überdies wird vorgeworfen, dass sein PCR-Test manipuliert wurde.
Es ist allerdings noch nicht sicher, ob Djokovic tatsächlich bei den Australian Open teilnehmen darf. Der australische Einwanderungsminister hat die Möglichkeit das Visum selbst aufzuheben. Ob er das machen wird, ist noch unklar. Die Entscheidung verzögert sich, weil Djokovics Anwälte neue Dokumente vorlegten. Sie wird am Freitag erwartet.
Dürfte Djokovic nach Österreich einreisen?
Okay, Australien lässt die Nummer eins der Tennis-Weltrangliste nun also (vorerst) einreisen. Aber wie wäre die Situation in Österreich? Zunächst einmal ist Djokovic serbischer Staatsbürger, also kein Bürger eines Mitgliedsstaates der EU, sondern Drittstaatsangehöriger. Voraussetzung für die rechtmäßige Einreise ist ein gültiger Reisepass. Serbische Staatsangehörige können sich für drei Monate visumfrei in Österreich aufhalten. So weit, so gut.
Seit Corona ist natürlich alles anders. In Österreich wurden weitgehende Beschränkungen für die Einreise erlassen, aufgehoben, wieder erlassen und wieder geändert.
Das Epidemiegesetz bestimmt, dass Einreisebeschränkungen anzuordnen sind, falls dies unbedingt erforderlich ist. Auf Grundlage dessen wurde die sogenannte COVID-19-Einreiseverordnung 2021 vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Wolfgang Mückstein, erlassen. Die Verordnung wurde erst im Juni 2021 kundgemacht und seitdem bereits elf Mal abgeändert.
Es besteht schon auf den ersten Blick ein großer Unterschied zu den australischen Einreisebestimmungen: Österreich erlaubt ausdrücklich statt einer Impfung auch die Einreise mit Genesungsnachweis über eine in den letzten 180 Tagen überstandene Infektion. Daher besteht die große Streitfrage im echten Fall – nämlich, ob eine kürzliche Genesung eine medizinische Kontraindikation zur Impfung ist – in Österreich gar nicht. Außerdem wurden für die Einreise nach Österreich grundsätzlich keine Ausnahmen von der 2G-Regel wegen medizinischer Gründe festgelegt.
Was gilt nun, wenn Djokovic tatsächlich nach Österreich einreisen möchte? Das kommt darauf an, woher und warum er kommt – wie die folgenden Beispiele zeigen. Für die Beispiele wird immer angenommen, dass Djokovic ungeimpft und tatsächlich im Dezember positiv getestet wurde.
Djokovic fliegt von seinem Wohnort, der laut seiner Website in Monte Carlo liegt, nach Innsbruck, um privat Schifahren zu gehen.
Monaco ist kein Virusvariantenstaat (dazu mehr unten). Daher kann Djokovic, falls er einen Genesungsnachweis und einen negativen PCR-Test mitführt, einreisen, ohne sich in Quarantäne begeben zu müssen. Hat er keinen Genesungsnachweis muss er sich registrieren und unverzüglich eine zehntägige Quarantäne antreten, aus der er sich frühestens am fünften Tag freitesten kann.
Djokovic fliegt von seinem Wohnort Monte Carlo nach Wien, um an einem Tennisturnier teilzunehmen.
Djokovic fliegt aus den Niederlanden nach Innsbruck, um privat Schifahren zu gehen.
Djokovic fliegt aus den Niederlanden nach Wien, um an einem Tennisturnier teilzunehmen.
Kurz gesagt:
Die Aufhebung der Annullierung des Visums von Djokovic durch ein Gericht erfolgte aufgrund prozeduraler Gründe.
In Österreich kann man – im Gegensatz zu Australien – auch mit einem Genesungsnachweis einreisen.
Der australische Einwanderungsminister kann das Visum auch selbst annullieren. Seine Entscheidung wird am Freitag erwartet.
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