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Heizkörper defekt: deine Rechte als Mieterin

  • Autorenbild: Felix Grafinger
    Felix Grafinger
  • vor 7 Stunden
  • 4 Min. Lesezeit

Ein zentrales Problem für viele Mieterinnen ist nach wie vor das Heizen. 2023/24 wurden in Österreich rund 200.000 Terajoule an Energie für Raumwärme verbraucht. Das zeigt: eine warme Wohnung gehört ganz einfach zu unseren Grundbedürfnissen. Besonders in der kalten Jahreszeit kann ein defekter Heizkörper den Alltag stark beeinträchtigen, die Bescherung vermiesen oder den Wohnraum sogar gänzlich unbewohnbar machen.

 

Seit der Wohnrechtsreform 2015 umfasst die sogenannte Erhaltungspflicht der Vermieterin nach dem Mietrechtsgesetz (MRG) auch ‘mitvermietete Heizthermen, Wasserboiler und sonstige Wärmebereitungsgeräte’. Das bedeutet: Die Vermieterin kann gegebenenfalls sogar zur „Neuherstellung“ verpflichtet werden; also zum Austausch einer defekten durch eine neue, gleichwertige Vorrichtung.

 

Ob diese Regeln für deine Wohnung gelten, hängt davon ab, ob dein Mietvertrag in den Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes fällt oder dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) unterliegt.


Unterfällt deine Wohnung dem MRG? Dem MRG unterfallen typischerweise vor allem Mietwohnungen in Häusern mit mehr als zwei Wohnungen, deren Baubewilligung vor dem 1. Juli 1953 erteilt wurde (‘Altbau‘), sowie viele geförderte Neubauten mit mehr als zwei Mietwohnungen. Fällt dein Mietvertrag in diese Kategorie, profitierst du neben der Erhaltungspflicht der Vermieterin auch von weiteren Schutzmechanismen:


Die Miete ist nicht völlig frei vereinbar, sondern durch gesetzliche Richtwerte und Zuschläge begrenzt, und kann bei Verdacht auf Überhöhung geprüft und gesenkt werden. Außerdem genießt die Mieterin einen deutlich stärkeren Kündigungsschutz.

In Ein- und Zweifamilienhäusern, in vielen freifinanzierten Neubauten oder in typischen Ferien- und Dienstwohnungen gilt das MRG hingegen nicht. Dort kommen die speziellen Erhaltungsregeln also nicht zur Anwendung. Das bedeutet aber nicht, dass die Mieterinnen solcher Wohnräume einen defekten Heizkörper automatisch selbst zahlen müssen, sondern lediglich, dass es auf den konkreten Mietvertrag und die allgemeinen Regeln des ABGB ankommt.


Oft ist auch nach dem ABGB davon auszugehen, dass die Vermieterin für die grundlegende Brauchbarkeit der Wohnung und damit für eine funktionierende Heizung sorgen muss. In solchen Fällen lohnt sich ein Blick in den Mietvertrag sowie eine Beratung bei der Arbeiterkammer oder der Mietervereinigung.

 

‘Mitvermietet‘ – Was bedeutet das?

Aber zurück zu unserem Ausgangspunkt: Die Vermieterin hat mitvermietete Heizthermen zu erhalten. Doch was ist eine „mitvermietete“ Heizung überhaupt?

Als Grundvoraussetzung gilt, dass die Therme von der Vermieterin im Rahmen des Mietverhältnisses bereitgestellt wurde. Das bedeutet, dass das Gerät entweder bei der Besichtigung und Übergabe des Mietgegenstandes bereits vorhanden war oder im schriftlichen Mietvertrag festgehalten ist (zB als ‘Heiztherme’).

 

Wer muss defekte Heizkörper bezahlen?

Lange war unklar: Fallen unter die Regelung des MRG nur ‘zentrale‘ Geräte wie Therme und Boiler, oder auch die wärmeabgebenden Heizkörper selbst?

 

Genau dazu hat der Oberste Gerichtshof (OGH) Anfang 2024 Stellung genommen (5 Ob 51/23w). Anlass war ein Streit darüber, wer die Kosten für einen defekten Heizkörper tragen muss.

 

Der OGH hat sehr deutlich formuliert: Der Begriff ‘Wärmebereitungsgeräte‘ im Sinne der Regelung des MRG ist weit auszulegen. Es geht nicht nur um die Therme oder den Boiler, sondern um alle Teile, die zur Erzeugung, Weiterleitung und Abgabe von Wärme dienen. Das schließt Heizkörper, Ventile und Rohrleitungen mit ein.

 

Sein Urteil begründete der OGH damit, dass erst das Zusammenspiel aller Teile eine ordentliche Beheizung der Wohnung ermögliche. Wenn der Heizkörper kalt bleibt, nützt schließlich auch eine intakte Therme wenig.

 

Weiters bezog sich der OGH in seiner Begründung auf die Gesetzesmaterialien, die den historischen Willen des Gesetzgebers festhalten. Diesen Erläuterungen zufolge war es der Zweck der Wohnrechtsnovelle 2015, die Mieterinnen von den Kosten für eine funktionierende Beheizung zu entlasten. Vielmehr sollen die Vermieterinnen die Verantwortung dafür tragen – einschließlich der Heizkörper selbst.

 

Defekter Heizkörper: Wartung oder Erhaltung?

Oft berufen sich Vermieterinnen oder Hausverwaltungen darauf, dass die Mieterin für die ‘Wartung‘ zuständig sei (§ 8 MRG). Dazu zählen typischerweise kleinere Arbeiten, die im laufenden Gebrauch anfallen; etwa das Nachfüllen von Wasser, das Entlüften von Heizkörpern oder das Tauschen von Batterien im Thermostat. 

Ein gänzlich ausgefallener Heizkörper ist aber etwas anderes.

 

Funktioniert ein Heizkörper gar nicht mehr, handelt es sich nicht mehr um bloße Wartung, sondern um einen Erhaltungsfall. Hier muss die Vermieterin oder die Hausverwaltung die Reparatur oder den Austausch auf eigene Kosten veranlassen. Das entspricht auch der Linie des OGH in seiner vielzitierten Entscheidung (siehe oben).

 

Wie komme ich zu einer Reparatur?

In der Praxis ist der erste Schritt fast immer derselbe. Die Mieterin wendet sich an die Hausverwaltung oder direkt an die Vermieterin und schildert den Defekt. Am besten erfolgt das schriftlich per E-Mail, damit Zeitpunkt und Inhalt des Mangels klar dokumentiert sind.

 

Wichtig:

 

  • konkrete Beschreibung des Mangels (wo in der Wohnung, was liegt konkret vor)- Hinweis auf die Folgen (Raum nicht beheizbar, Überheizung wenn Thermostat betroffen ist)

  • klare Bitte um Reparatur oder Austausch auf Kosten der Vermieterin

  • angemessene Frist für die Rückmeldung

 

Reagiert die Vermieterin nicht oder lehnt sie die Kostenübernahme ab, kann die Mieterin sich an die zuständige Schlichtungsstelle oder an das Bezirksgericht wenden und die Erhaltungspflicht nach dem MRG geltend machen.


Vorsicht: Da Schlichtungsstellen oft einige Monate für die Bearbeitung solcher Anträge benötigen, kann es vor allem in der kalten Jahreszeit sinnvoll sein, die Reparatur nach Ausschöpfung der oben genannten Optionen unter genauer Dokumentation selbst durch eine Fachfirma zu veranlassen.


Ratsam sind also sowohl die eigene Dokumentation des Defekts anhand von Fotos oder Videos, die Ausstellung eines Protokolls mit Fehlerbeschreibung von der Fachfirma als auch die Kommunikation mit der Vermieterin per E-Mail. Rechnung und Zahlungsnachweis sollten unbedingt sicher verwahrt werden.


Kurz gesagt


  • Die Vermieterin muss mitvermietete Heizungsanlagen erhalten. Seit der Wohnrechtsreform 2015 umfasst diese Pflicht nicht nur Thermen und Boiler, sondern nach der jüngsten Rechtsprechung des OGH auch Heizkörper, Ventile und Leitungen.

 

  • Ein vollständig ausgefallener Heizkörper ist kein Wartungsproblem der Mieterin, sondern ein Erhaltungsfall: Die Kosten für Reparatur oder Austausch trägt die Vermieterin.

 

  • Mieterinnen sollten den Defekt schriftlich melden, eine angemessene Frist (je nach Umständen ca. 2 Wochen) setzen, und sich bei ausbleibender Reaktion an die Schlichtungsstelle oder das Bezirksgericht wenden oder die Verbesserung selbst beauftragen (siehe oben). Eine sachliche Kommunikation per E-Mail reicht dafür meist aus.


Zum Gastautor


Felix Grafinger studiert Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Wie sein heutiger Beitrag und einschlägige Erfahrung in einer Anwaltskanzlei, die sich vor allem auf mietrechtliche Fragestellungen spezialisiert hat, belegen, gilt Felix' juristische Leidenschaft vor allem den Rechten von (Ver-)Mieterinnen. Apropos Leidenschaft: Wenn Felix nicht gerade Texte für überzuckert schreibt, dient ihm die Juridicum Debating Society als Sprachrohr. Dieses einmalige Forum, in dem Studierende wöchentlich über gesellschaftspolitische Themen debattieren, hat Felix vor rund einem Jahr selbst ins Leben gerufen. Wir sagen Chapeau! und freuen uns auf viele weitere Gastbeiträge!

 
 
 

1 Kommentar


grafinger.felix
vor einer Stunde

Danke für die Möglichkeit, dieses Thema hier im Beitrag anschaulich zusammenzufassen!

Ich freue mich ebenfalls auf zukünftige Gelegenheiten für weitere Gastbeiträge, möglicherweise auch zu Themen mit internationalem Bezug oder aus dem Wirtschafts- und Unternehmensrecht, die mich im Studium derzeit besonders reizen.

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